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Die Klus in Aesch: Der grösste Rebberg der Region wird ökologisch aufgewertet

Die Weinbaugenossenschaft WBG Aesch (BL) hat zu ihrem 100-jährigen Bestehen ein grosses Naturschutzprojekt lanciert. Sie will in ihrem Rebbaugebiet unter Mitarbeit der Winzerinnen und Winzer einen Lebensraum für viele seltene Tier- und Pflanzenarten schaffen. Am Arbeitstag vom 11. März 2023 halfen viele Freiwillige mit, um die Klus mit ökologischen Massnahmen naturnaher zu gestalten. Der Naturfonds Salzgut der Schweizer Salinen unterstützt diese Initiative.

Wer der Klusstrasse folgt, fährt zuerst durch die Baselbieter Gemeinde Aesch und deren hübsche Einfamilienhäuschen und wird vom weit geöffneten Klustal empfangen. Alles ist wunderbar grün, die Strassen sind gesäumt von Bauernhöfen und Rebbergen, Kühe grasen auf den saftigen Wiesen. Man fühlt sich in einem Naturparadies. Wozu also ein Naturschutzprojekt in dieser Gegend?

Menschen auf einer Matte.
Für eine biodiverse Klus: Am Arbeitstag der Weinbaugenossenschaft WBG Aesch engagierten sich Helferinnen und Helfer.

Ein Gebiet mit viel ökologischem Potenzial

Lukas Merkelbach und Dominik Hügli vom Naturschutzbüro MerNatur leiten das Projekt und sind mitverantwortlich für die zwischen 2020 und 2024 vorgesehene Aufwertung des Rebbergs Klus-Tschäpperli. Neben der Weinbaugenossenschaft WBG Aesch ist der Vogelschutzverein BirdLife Schweiz Träger dieses Biodiversitätsprojektes. Weitere Co-Träger sind die Einwohnergemeinden Aesch und Pfeffingen sowie die Bürgergemeinde Aesch und der Natur- und Vogelschutzverein Aesch-Pfeffingen. Zudem unterstützt der Naturfonds Salzgut der Schweizer Salinen die Initiative.

Wenn Dominik Hügli von «Wertgebieten» und «Defizitgebieten» in der Klus spricht, klingt er beinahe wie ein Ökonom.  «Über 70 Prozent der Klus ist Defizitgebiet, also Grünfläche, wo noch nicht so viel ökologische wertvolle Lebensräume gedeihen, wie wir uns das wünschen. Bei den Wertgebieten handelt es sich um Bereiche mit erhöhter Biodiversität», resümiert der studierte Geograph die ökologische Lage der Klus. Und er ist überzeugt: Das Rebbaugebiet Aesch weist ein hohes ökologisches Potenzial auf.

Sollen demnach mehr Rebflächen aufgewertet oder doch lieber bereits wertvolle Flächen erhalten werden? «Am besten beides», erklärt der Mitinitiator des Projekts und kommt auf das Thema Freiwilligkeit zu sprechen. «Ob Laien, Kleinproduzenten oder Profiwinzer: Alle sollen bei diesem Projekt mitmachen. Dafür bieten wir ihnen unsere kostenlose Beratung und praktische Unterstützung an. Wir empfehlen je nach Grösse der Rebfläche unterschiedliche Massnahmen für mehr Biodiversität», sagt der Naturschutzexperte.

Blumenvielfalt fördern

Damit der Rebberg Klus-Tschäpperli in Zukunft bunter und belebter wird, hat die Projektleitung in Zusammenarbeit mit einem Kernteam der Weinbaugenossenschaft verschiedene Massnahmen vorgesehen.

Das saftige Grün soll ergänzt werden durch schönes Blau, Rot oder Gelb. Dafür reicht es in den Reben oft schon, wenn die Winzerinnen und Winzer die Rebflächen seltener und zum richtigen Zeitpunkt mähen und düngen oder teilweise ganz darauf verzichten. Wenn dann noch Ziegen oder Schafe im Winter das Gelände abgrasen, fördert das bereits die Blumenvielfalt.

Reicht die korrekte Mahd noch nicht aus, werden Wiesen, Säume und Weiden im Gebiet mit regionalem Saatgut zusätzlich renaturiert. 

Mensch in oranger Jacke hebt Steine auf einen Steinhaufen.
Dank den neuen Steinverstecken sollen sich in der Klus wieder seltene Tiere wohlfühlen.

Gewisse Pflanzenarten wie die Stinkende Schwarznessel oder das purpurrote Riesen-Fettkraut werden sogar erst durch eine sogenannte Ex-situ-Vermehrung in Staudengärtnereien gezüchtet und danach wieder in die Klus zurückgebracht. Zusätzlich werden in und um die Reben neue Strukturen wie Ast und Steinhaufen gebaut sowie neue Obst- oder Feldbäumen gepflanzt. Auch hilft es, wenn die umliegenden Waldränder gelichtet werden und sanft in das Kulturland übergehen. So können dort seltene Blumen Platz zum Gedeihen finden und rare Waldtypen wie der Linden-Mondviolenwald beim Burgengrat am Südhang der Klus weiterhin bestehen.

Mann mit Karrette schüttet Steine auf einen Haufen
Schweisstreibende Arbeit: Alle Steine und Äste wurden von den Helferinnen und Helfern transportiert.

Neuer Raum für bedrohte Tierarten

Mit den seltenen Pflanzenarten wie Orchideen und Lippen- oder Schmetterlingsblütler sollen auch bedrohte Tierarten zurückkommen. Wildbienen, Tagfalter und Widderchen werden von diesen Pflanzen, aber auch von neuen Obstbäumen oder den neu erstellten Strukturen angezogen.

Ein weiterer positiver Nebeneffekt ist, dass diese Tierarten dann wiederum die Reben befruchten. Vogelarten wie die Zaunammer, der Gartenrotschwanz oder der Wendehals sollen dank den realisierten Massnahmen wie die aufgehängten Nistkästen wieder zahlreicher in der Klus zu finden sein. Ein weiterer positiver Nebeneffekt: Die Vögel helfen fleissig mit, lästige Parasiten der Rebstöcke zu bekämpfen.

Auch kargere Steinformationen sind wichtig: So werden alte Betonmauern durch ökologisch wertvolle Trockensteinmauern ersetzt und Strauchgruppen gepflanzt, in denen sich Schlingnattern oder Wiesel wohlfühlen. Letztere wiederum haben auch Wühlmäuse auf ihrem Speiseplan, die Schäden an den Reben verursachen können.

Mann schaut auf Steinhaufen
Geschafft! Es brauchte viele Hände, um diesen Steinhaufen tiergerecht zu gestalten. Nun müssen nur noch die seltenen Tiere ihren Unterschlupf finden.

Arbeitseinsätze für Freiwillige

Dominik Hügli ist überzeugt: «Biodiversität ist keine Bürde, sondern kommt auch den Menschen und deren Kulturlandschaften zugute». Damit auch die Öffentlichkeit sich von diesem Argument überzeugen kann, sind Hügli und sein Team an Festen wie dem «Räbensunntig» (25. Juni) präsent oder organisieren Arbeitseinsätze für Freiwillige wie der Arbeitstag.

Ein solcher Arbeitstag fand am 11. März dieses Jahres statt. «Am letzten Arbeitstag durfte richtig angepackt werden: Grosse Steine, viel Sand und schwere Eichenholzstücke wurden zu wertvollen Kleinstrukturen aufgebaut», sagt Dominik Hügli. «Freiwillige mit einem Flair für Kleinsäuger- und Insektenarchitektur bauten am Arbeitstag mit Totholz und weiteren lokalen Materialien Strukturen, wohingegen in den folgenden Tagen mit weiteren Freiwilligen zusätzliche Nistkästen im Projektgebiet aufgehängt werden. Jede und Jeder auf seine Art.»

Mit Infotafeln wird das Projekt zudem sichtbar für alle, die Ruhe und Erholung in der Klus suchen und hoffentlich schon bald wieder seltene Arten wie der Feuersalamander, das Grosse Glühwürmchen oder die wunderbar violett blühende Pyramidenorchis in diesem Naturparadies entdecken werden.

Aktuelle Informationen zum Projekt finden Sie auf:  www.rebberg-aesch.ch

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